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Kapitel I

Vor langer, langer Zeit lebte auf einem fernen Planeten ein Mädchen namens Lawani. Lawani war 8 Jahre alt, als sie durch einen galaktischen Weltraumsturm von ihren Eltern getrennt wurde. Der Sturm hatte ihre Eltern so weit hinfort geweht, dass sie nicht mehr zu Lawani zurückkommen konnten.So kam es, dass Lawani allein, ohne ihre Eltern und in sehr armen Verhältnissen aufwachsen musste. Das war gar nicht so einfach. Denn sie hatte ihre Eltern sehr lieb gehabt und sie vermisste sie sehr - Tag ein, Tag aus. Jeden Abend vor dem Einschlafen fragte sie sich: “Wer erzählt mir denn nun Geschichten aus fernen Welten? Wer backt am Sonntag mit mir die wundervollen Weltraumwaffeln? Und mit wem kann ich reden, wenn ich mich alleine fühle?”An einem Tag war Lawani ganz besonders traurig. In der Schule wurde der erste Advent gefeiert. Die anderen Kinder lachten und freuten sich über die vielen Adventsspiele und die funkelnden Lichter. Lawani jedoch schaute nur zu und konnte sich nicht recht mitfreuen. Sie war zu traurig, um das Funkeln der Lichter zu bewundern oder mit den anderen Kindern zusammen zu lachen. So saß sie alleine in der Ecke ihres Klassenzimmers und blickte betrübt aus dem Fenster. Draußen pustete der kalte Wind und wirbelte die herabgefallenen Blätter der Bäume tanzend in die Höhe. Dabei dachte Lawani: “Wie schön es wäre, heute nicht allein, sondern mit meinen Eltern zu sein. Mein Herz tut weh, wenn ich daran denke, was ich alles verloren habe. Meine ganze Familie. Und mit dem Sturm auch all meine Dinge. Nur meinen kleinen Rucksack, mein dünnes Mäntelchen und meine löchrigen Schuhe besitze ich noch. Im Winter ist mir immerzu bitterkalt. Zu essen bleibt mir auch kaum etwas. Zum Glück habe ich für heute noch ein wenig Brot übrig.”Am Ende des Schultages packte Lawani ihren kleinen Rucksack, zog sich ihren dünnen Mantel an, schlüpfte mit den Socken wieder in die löchrigen Schuhe und machte sich auf den Nachhauseweg.Da begegnete sie Gregor, einem alten Mann, der nichts besaß, nur sich selbst und einen Hut mit dem er um Spenden bat. “Gregor, wie geht es dir heute?”, fragte Lawani ihn. Sie kannten sich schon, denn Gregor saß immer dort - Tag ein und Tag aus. “Ach, Lawani, heute ist kein guter Tag. Ich bin sooo hungrig.”Lawani dachte kurz nach. Auch ihr Bauch grummelte vor Hunger. Doch Gregor, so schien ihr, war vielleicht noch viel hungriger. “Hier, Gregor, nimm mein Brot, damit du nicht länger hungrig sein musst.” sprach Lawani und zog weiter.Sie war schon fast zu Hause angekommen, als sie einem kleinen Weltraumwesen begegnete. Es zitterte und bibberte am ganzen Leib. Lawani begrüßte es: “Hallo! Ich bin Lawani. Warum zitterst du denn so?” “Hhhhhalllo, ich bbbbiiin Malte. Mmmmmmir isssssst richtig kkkalt.” Lawani dachte wieder für einen kurzen Moment nach. Auch ihr war bitterkalt mit ihren löchrigen Schuhen und ihrem einzigen Mantel. Aber Malte, so schien ihr, ihm war vielleicht noch viel viel kälter als ihr. “Hier Malte, nimm meinen Mantel, damit du nicht länger frieren musst.” Sie legte Malte ihren Mantel über die zitternden Schultern und lief rasch nach Hause, um nicht selbst bitterlich zu frieren.

 

 

Kapitel II

Zu Hause angekommen, bemerkte Lawani wie hungrig, wie kalt und wie traurig ihr zumute war. Sie setzte einen Tee auf und schaltete das alte Weltraumradio ein. Denn immer, wenn es Lawani nicht gut ging, hörte sie ihre Lieblings-Radiosendung: Aumios Reise durch den inneren Kosmos.Aus dem Radio tönte:“Liebes Aumionauti, ich bin’s wieder - dein Aumio. Wie fühlst du dich heute? Für alle, die sich vielleicht alleine oder traurig fühlen: Mach dir keine Sorgen, wir alle sind manchmal traurig. Umso wichtiger ist es, dass du weißt: Es ist vollkommen ok, traurig zu sein. Traurig zu sein, das ist ein Gefühl. Und manchmal ist das Gefühl sehr stark. Doch glaub mir, das vergeht auch wieder mit der Zeit. Es gibt Dinge, die uns helfen können, dass die Traurigkeit vergeht. Wie zum Beispiel diese kleine Übung, die ich dir gerne zeigen möchte. Hast du Lust mitzumachen? Es ist ganz einfach. Folge einfach meinen Worten. Wenn du bereit bist, legen wir los:Zu Beginn atme tief durch die Nase ein…und wieder aus…Und noch einmal. Atme tief ein…Und wieder aus.Und ein letztes mal, tief ein…...und wieder aus.Atme ruhig weiter.Super.Nun stell dir vor, wie eine kleine, traurige Wolke vor der Sonne schwebt. Die kleine Wolke verdeckt das Licht der Sonne. Mit jedem Ein- und mit jedem Ausatmen, zieht die kleine Wolke ein Stückchen weiter. Atme tief ein und wieder aus und beobachte, wie sich die kleine, traurige Wolke mit jedem Atemzug immer weiter bewegt.So lange, bis die Sonne wieder in ihrem vollen Glanz erstrahlt.Kannst du sie spüren - die Wärme in deinem Gesicht? Das Kitzeln der Sonnenstrahlen auf deiner Nasenspitze?Noch ein paar Atemzüge und - siehe da - mit einem mal leuchtet die Sonne wieder strahlend hell am Himmel und die Wolke ist verschwunden.Wolken kommen und Wolken gehen. Und so ist das auch mit der Traurigkeit. Das Gefühl bleibt nicht für immer, sondern es zieht, wie eine Wolke am Himmel, auch wieder vorbei.Atme noch einmal tief ein und wieder aus.Gong.Wie fühlst du dich jetzt? Hat sich etwas verändert?Danke, dass du mitgemacht hast. Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Mal mit dir! Dein Aumio, tönte es noch einmal, ehe Lawani das Radio wieder ausschaltete. Lawani dachte: “Es ist in Ordnung, dass ich manchmal traurig bin. Traurigsein ist ein wichtiges Gefühl. Es ist ok, dass ich es so spüre. Doch das muss nicht immer so bleiben. Mit der Zeit geht die Traurigkeit auch wieder. Aber so ganz alleine zu sein, das gefällt mir gar nicht. Ich wünschte....Da klopfte es an der Tür:

 

 

Kapitel III

“Hallo Lawani”, sagte Milo. Milo war auch in ihrer Klasse und hatte heute Morgen fröhlich mit den anderen Kindern den Advent gefeiert. “Milo, was machst du denn hier?”, fragte Lawani. “Na, weißt du, ich sehe oft, dass du frierst. Und dass du nicht so gerne mit uns spielen willst: vor allem, wenn wir draußen sind. Da dachte ich mir, ich bringe dir einfach den wärmsten Mantel, den ich in meinem Schrank finden kann. Und die wärmsten Stiefel, mit den allerwärmsten Socken. Und auch meine allerliebste Lieblings-Mütze. Damit du bloß nicht länger frieren musst. Die schenk’ ich dir, also, wenn du sie haben magst natürlich. Und, naja, ich würde mich sehr freuen, wenn du ab und zu mit uns spielen kommst.” Lawani strahlte über beide Ohren. Sie schmiss sich flink ihre neue Kleidung über und Milo verabschiedete sich. Lawani dachte: “Das ist ein schönes Gefühl, dass Milo mich besuchen kam” und strich über ihre warme, neue Mütze. Und doch bin ich nun wieder ganz alleine. Ich wünschte..Da klopfte es erneut an der Tür. Lawani öffnete sie und da stand Frau Goldtaler, ihre Nachbarin. Sie trug einen großen Topf vor sich. Frau Goldtaler war eine alte Frau, die Lawani sehr gern mochte. Manchmal sprachen sie ein bisschen über ihren Tag, wenn sie sich sahen. Und manchmal brachte Frau Goldtaler Lawani auch ein Stück Kuchen vorbei. “Hallo Frau Goldtaler, wie geht es Ihnen?” “Gut, mein Kind”, sprach Frau Goldtaler. “Nimm mir doch mal den schweren Topf hier ab und lass uns reingehen, ja?” Lawani nahm den Topf und stellte ihn auf ihren kalten Fußboden. Einen Tisch besaß sie nicht. Dabei stieg ihr der wohlige Duft einer warmen Suppe entgegen. Frau Goldtaler’s Blick schien besorgt: “Oh Lawani, du hast ja wirklich gar nichts hier. Jeden Tag sehe ich, wie nur ein einziges Lichtlein aus deinem Fenster scheint und du ganz alleine zu Hause sitzt. Dann frage ich mich, wer dir wohl nach der Schule eine warme Mahlzeit zubereitet? Heute habe ich beobachtet, wie du dem hungrigen alten Mann und dem fröstelnden Weltraumwesen dein letztes Brot und deinen letzten Mantel gabst. Das war sehr mitfühlend von dir. Doch, wer kümmert sich um dich, Lawani? Wer gibt dir Essen und wer schenkt dir warme Kleidung? Wer hört dir zu, wenn du traurig bist? Wer fühlt mit dir mit?”“Weißt du, Lawani”, erklärte Frau Goldtaler, “auch ich bin alleine - Tag ein, Tag aus. Häufig schaue ich betrübt aus meinem Fenster und beobachte die Menschen und die Kinder, wie sie lachend vorbeispazieren. Es macht mich traurig, dass ich so alleine bin. Dabei habe ich solch ein großes Haus und ein ganz schönes Zimmer, das seit Langem leer steht. Da kommt mir eine Idee..! Warum ziehst du nicht bei mir ein, Lawani? Das würde mich unglaublich freuen! Dann könnten wir uns jeden Tag Geschichten erzählen, gemeinsam essen und vor allem: wir wären nicht länger allein.”Frau Goldtaler sah Lawani mit strahlenden Augen an. Lawani hielt kurz inne und sprach dann: “ Frau Goldtaler, ich vermisse meine Eltern so sehr und möchte nicht länger alleine sein. Nicht länger frieren. Nicht länger hungrig sein. Ich ziehe sehr gerne bei dir ein!”Frau Goldtaler und Lawani umarmten sich und freuten sich über ihren ersten gemeinsamen Abend, an dem sie nun nicht länger alleine waren. Als Frau Goldtaler die Adventskerze anzündete und das Licht den Raum erfüllte, da dachte Lawani an ihren Papa. Er hatte ihr jedes Jahr zum ersten Advent die gleiche Geschichte erzählt. Die Geschichte vom Esel Mul, der nicht länger alleine sein wollte. “Frau Goldtaler”, sagte Lawani. Ich muss gerade an meinen Papa denken und an seine Adventsgeschichte. Darf ich sie dir erzählen? Dann habe ich das Gefühl, meinen Papa heute bei mir zu haben.”“Gerne”, freute sich Frau Goldtaler. “Ich liiebe Adventsgeschichten. Komm wir machen es uns gemütlich bei Suppe und Brot.

Mitgefühl

Mitgefühl ist, wenn wir die Gefühle von anderen in uns spüren. Es verbindet uns mit anderen, indem uns das Gefühl sagt: Hey ich sollte der Person helfen!Wenn andere traurig sind, alleine oder gar nichts mehr haben, dann können wir einander zuhören, helfen und füreinander da sein. So wie Lawani Gregor und dem Weltraumwesen geholfen hat. Und so, wie sich Milo und Frau Goldtaler um Lawani gekümmert haben.Wer ist für dich da, wenn du traurig bist oder dich alleine fühlst? Vielleicht fällt dir nicht direkt jemand ein. Das ist auch ok. Und wenn doch, dann sag diesem Menschen doch heute einmal Danke.